♡ Wie wir unsere Kinder schützen

Zusammenfassung: In diesem Text liest du, warum es für mein Kind nicht immer sinnvoll ist, wenn ich es beschütze und wie ich eine sinnvolle Balance für uns finden kann.


Am Anfang ist die Angst...

Als Mutter will ich meine Kinder beschützen und sie am liebsten vor jedem Schmerz bewahren. Seit ich Kinder habe, ist mir die Gefährlichkeit dieser Welt in einer völlig neuen Dimension bewusst geworden. Und, ich kann soviel verraten: Dem Vater geht es nicht viel besser.
Das kann allerdings dazu führen, dass ich – direkt und indirekt – mein Kind ständig warne und maßregele. "Pass auf", "Das ist zu schwer für dich, zu hoch, zu schnell, zu viel, zu gefährlich...", "Dafür bist du noch zu klein", "Das kannst du noch nicht"... Ich mache mir Sorgen und will mein Kind glücklich und unversehrt sehen. Aber übermäßige Vorsicht und Ermahnungen sorgen auch dafür, dass mein Kind von seiner inneren Führung – seiner Intuition und Eigenverantwortung –, abgetrennt wird. Es lernt, dass ich schon aufpassen werde. Und es verliert ein Stück weit die Fähigkeit, auf sich selbst zu vertrauen.

Der beste Schutz ist die Fähigkeit, sich selbst zu beschützen! 

Damit mein Kind das lernen kann, muss ich also bereit sein, dass es sich (in einem sinnvollen Rahmen) auch Gefahren aussetzen darf. Nur durch Ausprobieren, nicht durch Worte kann es seine eigenen Fähigkeiten kennenlernen (und über sich selbst hinauswachsen). Nur durch eigenes Erleben, nicht durch Ermahnungen, lernt es Gefahren richtig einzuschätzen. Das Gehirn braucht dafür Input aus möglichst allen Sinnen (sensomotorische Integration).
Mit dem Üben kann ich schon sehr früh anfangen, wenn ich mich z.B. zwinge, nicht in Panik zu verfallen, weil mein Kind an einem Stück Brot oder Obst würgt, sondern es erst einmal selbst probieren lasse, dieses unangenehme Gefühl loszuwerden. Wenn mein Laufanfänger an einem kleinen Absatz, einer Treppe oder Leiter selbst abschätzen darf, dass es dort herunter geht und man lieber den Rückwärtsgang einlegen sollte. Und auch mit dem ersten eigenen Fahrrad lernt es sich viel nachhaltiger, dass Kies rutschig ist, wenn man ihn mit dem Reifen erspüren darf, als wenn man eine Warnung mit dem Kopf verarbeitet.

Hier das richtige Maß zu finden – wo kann und sollte ich ein aufgeschürftes Knie oder ein angeknackstes Ego riskieren und mich mit meinem Rat lieber zurückhalten – bedarf starker Nerven. Ich muss meine eigenen Ängste zähmen und auf meine eigene innere Führung vertrauen. 
Aber der Lohn sind Kinder, die gut auf sich selbst aufpassen und mich mit ihrer Kompetenz und Umsicht so manches Mal überraschen.

Einige praktische Beispiele zum Ausprobieren

Wenns gefährlich wird: Statt nur "Nein, lass das" zu sagen, begutachten wir die Situation zusammen und betrachten sie wie Forscher von allen Seiten. Dabei sprechen wir darüber, warum es hier gefährlich ist oder werden könnte.

Das Prinzip "Was du schon selbst kannst, kannst du selbst tun" und das Prinzip "Was du noch nicht selbst kannst, solltest du lieber lassen." vermindern Unfallgefahren und helfen, eine realistische Einschätzung der eigenen Fähigkeiten zu entwickeln. Wenn ich mein Kind hochhebe oder bei Aktivitäten festhalte, die seine natürlichen Fähigkeiten übersteigen, lernt es, sich mehr auf mich und meine Hilfe statt auf sich selbst und sein Körpergefühl zu verlassen. Ich bleibe daher lieber in unmittelbarer Nähe und lasse mein Kind auch mal ein winziges Stück fallen, bevor ich es fange. Das sendet dem Gehirn sehr verwertbare Signale von "fallen" und "Gefahr".

Was für Gefahren gilt, gilt für alles Neue. Menschen lernen am besten, schnellsten und nachhaltigsten, wenn sie selbst erforschen und ausprobieren dürfen – und wenn alle Sinne beteiligt sind. Anleitungen und "Komm, ich zeig dir mal, wie das geht", bewirken eher das Gegenteil. Hilfestellungen wirken am besten, wenn man darum gebeten wird. Erfolgreiche Trainer und Coaches nutzen qualifiziertes Feedback. "Versuchs mal ein bisschen langsamer", "Nimm zuerst das Bein, dann den Arm", "Schau mal in der Ecke hier, vielleicht kommst du dann drauf"...


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Zum Weiterlesen:

Gehirnfutter für Eltern: Das Gehirn versteht kein Nein
Gehirnfutter für Eltern: Wie wir Ängste besiegen
Gehirnfutter für Eltern: Erziehung ohne Strafe - Teil 1
Gehirnfutter für Eltern: Erziehung ohne Strafe - Teil 2



Daniel J. Siegel: "Disziplin ohne Drama"

Jesper Juul: "Dein kompetentes Kind"



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